In Deutschland wird Slowenien mit seiner besonderen slawisch-österreichisch-venezianischen kulturellen Mischung und seiner außergewöhnlichen landschaftlichen Vielfalt zwischen Alpen und Adria bisher wenig wahrgenommen., manche verwechseln es gelegentlich mit der Slowakei oder Slawonien oder siedeln es – zu Unrecht – "irgendwo auf dem Balkan" an. Dabei existieren einige populär- oder alltagskulturelle Verbindungen zwischen Deutschland bzw. Österreich und Slowenien. Nicht wenige haben einen slowenischen "Gorenje"-Herd oder Kühlschrank in ihrer Küche stehen. Das Wort kommt von dem geographischen Begriff Kranj Gorenjska, zu deutsch Oberkrain. Die "Original Oberkrainer" wiederum sind keine bayrische oder österreichische, sondern eine slowenische Volksmusikkapelle. Die Steiermark und Kärnten sind nicht nur österreichische Bundesländer mit slowenischer Bevölkerungsminderheit, sondern als Štajerska und Koroška auch Regionen im Norden Sloweniens. In der damals "großdeutschen" Koroška wurde 1942 der spätere Büchner-Preis-Träger Peter Handke von einer slowenischen Mutter geboren.
Slawen zwischen Wien und Venedig
Im 6. Jh. n. Chr. wanderten Slawen in das Gebiet des heutigen Slowenien ein. Von 626 bis 745 existierte ein selbstständiges slawisches Fürstentum Karantanien, das als politisches Zentrum der slowenischen Ethnogenese gilt. Danach kam das Land unter die Oberherrschaft der Baiernherzöge, bis es unter Karl dem Großen Bestandteil des fränkischen Kaiserreichs wurde. Ab dem 13. Jh. gerieten die slowenischen Siedlungsgebiete Schritt für Schritt unter habsburgische Herrschaft, mit Ausnahme des Besitzes Venedigs an der istrischen Adriaküste und in Friaul.
Anfänge eines slowenischen nationalen Erwachens fallen in die Zeit der Reformation: Forderungen nach Gottesdienst und Predigt in der Volkssprache wurden laut, der Geistliche Primož Trubar schuf mit seiner Übersetzung des Neuen Testaments die Grundlage der heutigen slowenischen Schriftsprache. Die mit aller Härte durchgeführte Gegenreformation führte dazu, dass weitere Ansätze einer Nationswerdung der Slowenen erst wieder in der zweiten Hälfte des 18. Jh. festzustellen sind. Eine wichtige Rolle spielten dabei die theresianisch-josephinischen Reformen mit der Einführung slowenischsprachigen Grundschulunterrichts. Ein weiterer Beschleuniger für die nationale Bewegung waren die Folgen der Französischen Revolution mit der Zerschlagung der venezianischen Republik 1797 und der Zugehörigkeit der slowenischen Siedlungsgebiete zu den "Illyrischen Provinzen" (1809-13) des französischen Kaiserreichs, deren Hauptstadt Ljubljana wurde.
Nach dem Wiener Kongreß 1815 kam Slowenien wieder zu Österreich. Der nationale Aufbruch war auch durch den Metternichschen Absolutismus nicht mehr aufzuhalten und entwickelte sich in den Bereichen Sprache und Kultur dynamisch. Eine herausragende Rolle spielte dabei der Dichter France Prešeren. In der Durchsetzung ihrer politischen Forderungen, vor allem nach einem eigenen Kronland in der Monarchie, war die Nationalbewegung nicht erfolgreich, auch die Gründung einer slowenischen Universität in Ljubljana/Laibach wurde von den Machthabern bis 1918 verhindert. So gewann die Idee des Jugoslawismus ab Ende des 19. Jh. zunehmend Anhänger. Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie kam es am 29.10.1918 zur Proklamation des unabhängigen "Staates der Serben, Kroaten und Slowenen" (ab 1929 diktatorisch regiertes "Königreich Jugoslawien").
"Jugoslawische Preußen" und "heimliche Schwaben"
Die Jahrhunderte lange österreichisch-deutsche Herrschaft (in territorial geringerem Maße auch die venezianische) hat in vielen Lebensbereichen - Architektur, Sprache, Alltag - Spuren hinterlassen. So galten die Slowenen in Jugoslawien als die "jugoslawischen Preußen", aufgrund ihrer Sauberkeitsliebe wurden sie auch schon als "heimliche Schwaben" tituliert.
Das erste, monarchistische Jugoslawien war für die Slowenen eine Enttäuschung. Nach einer Volksabstimmung in Kärnten und dem Vertrag von Rapallo (beide 1920) lebte ein Viertel der slowenischen Bevölkerung (350.000 Menschen) außer Landes. Innenpolitisch boten serbischer Zentralismus und Dominanz wenig Grund zur Freude.
1941 wurde das Land zwischen Deutschland (Nordhälfte mit Maribor), Italien (Südhälfte einschließlich Ljubljana) und Ungarn (Übermurgebiet im Osten) aufgeteilt. Der dem deutschen Reich einverleibte Teil Sloweniens wurde brutal germanisiert, die Slowenen mussten dem "Steirischen Heimatbund" beitreten und Deutsch lernen. Wer sich widersetzte, wurde interniert oder deportiert. Gegen die Besatzung formierte sich die kommunistisch dominierte Partisanenbewegung, die mit Unterstützung der Alliierten das Land im Frühjahr 1945 von den Deutschen befreite. Im zweiten, kommunistischen Jugoslawien tabuisiert und bis heute umstritten ist die Rolle der "Domobranci" (Heimwehr). Ihr Kampf richtete sich hauptsächlich gegen die Kommunisten, einige leisteten jedoch auch den deutschen Besatzern Widerstand und wurden im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Etwa 11.000 Domobranci wurden im Sommer 1945 im Karstgebiet ermordet.
Diese und andere Morde nach 1945, der Gesamtcharakter des kommunistischen Staates einschließlich der von dem Slowenen Edvard Kardelj "erfundenen" "Arbeiterselbstverwaltung" ist Thema einer Vergangenheitsdiskussion, die die heutige slowenische Gesellschaft spaltet.
Einig waren sich die Slowenen in dem Wunsch, in einem selbstständigen Staat leben zu wollen. Nach dem Tod Titos 1980 wuchs die Unzufriedenheit mit den jugoslawischen Verhältnissen, mit dem stärker werdenden serbischen Dominanzstreben. Dazu kam der als ungerecht empfundene Tatbestand, als wohlhabendste Republik den armen jugoslawischen Süden subventionieren zu müssen. So stimmten beim Referendum am 26.12.1990 88,5% für die Unabhängigkeit Sloweniens, die am 25.6.1991 offiziell erklärt wurde. Es folgte das Eingreifen der Jugoslawischen Volksarmee, der – im Vergleich mit den späteren Auseinandersetzungen in Kroatien und Bosnien-Herzegowina – relativ unblutige "10-Tage-Krieg" (ca. 60 Todesopfer). Seither ist viel passiert. Bei einem Referendum im März 2003 haben sich 90% der Slowenen für den Beitritt ihres Landes zur EU entschieden, 66% stimmten für die Mitgliedschaft in der NATO. Heute erfüllt die etwa hessengroße alpin-adriatische Republik innerhalb der Europäischen Union auch eine Brückenfunktion zu den anderen postjugoslawischen Staaten.