Thessaloniki
Christen, Muslime und Juden in der „City of Ghosts“
ÜBERBLICK
Mit Exkursionen nach Vergina, Veria und Chortiatis
„Es war eine zutiefst anrührende Reise mit vielen Höhepunkten. Wir sind nachhaltig beeindruckt und würden die Reise jederzeit wieder machen. Danke für Ihre großartige Begleitung.“
Kara & Wolfgang Huber, Berlin, April 2023
Auf unserer Reise in die „Hauptstadt der Flüchtlinge“ (Giorgios Ioannou) beschäftigen wir uns mit:
- den antiken und römisch-byzantinischen Grundlagen der Stadt
- der fast 500-jährigen osmanischen Herrschaft
- der in dieser Zeit größten Bevölkerungsgruppe: den sephardischen Juden
- dem „falschen Messias“ Sabbatai Zwi und der speziellen Konvertitengruppe der „Dönme“ oder „Ma'min“
- der Re-Hellenisierung ab 1912
- dem Wiederaufbau nach dem Großen Feuer 1917
- den dramatischen Folgen des „Bevölkerungsaustauschs“ von 1923
- der NS-Okkupation mit Deportation der Juden und Drangsalierung der Griechen, Widerstand und Kollaboration
- der Nachkriegsentwicklung mit Bürgerkrieg, Modernisierung, Diktatur, Demokratisierung, Krise und beginnender Rückbesinnung auf die kosmopolitische Vergangenheit der Stadt
REISE
Christen, Muslime und Juden in der „City of Ghosts“
Thessaloniki („Sieg in Thessalien“) wurde 315 v. Chr. vom makedonischen König Kassandros gegründet. Er nannte die Stadt nach seiner Gattin Thessalonike, einer Halbschwester Alexanders des Großen. Turnschuhfreunde erkennen darin das Wort „Nike“.
Rom und Byzanz
Das historische Makedonien fand um 150 v. Chr. durch das Römische Reich sein Ende. Der Name lebte fort in der römischen Provinz „Macedonia“, zu deren Hauptstadt das an der Via Egnatia, dem Hauptverkehrsweg von Rom nach Byzanz, gelegene Thessaloniki wurde.
In die römische Zeit, etwa 50 n. Chr., fällt der Versuch von Saulus-Paulus die damals schon anwesenden lokalen Juden vom Christentum zu begeistern. Von seinen Bemühungen zeugen seine zwei Briefe an die Thessalonicher. In der Stadt Veria (50 km westlich von Thessaloniki) existiert noch ein Synagogengebäude, in dem Paulus vermutlich gepredigt hat.
Von der Reichsteilung 395 bis zur Niederlage gegen das Osmanische Reich 1430 durchlief Ostrom-Byzanz diverse Phasen der Expansion und der Zurückdrängung, der Blüte und des Niedergangs.
Die versuchte Slawisierung Thessalonikis („slawische Landnahme“ im 6. und 7. Jh.) wurde abgewehrt, die Slawen ab dem 9. Jh. von Thessaloniki aus durch Kyrill und Method christianisiert.
Thessaloniki galt im Byzantinischen Reich als die wichtigste Stadt nach Konstantinopel, erlebte im 12. Jh. eine Glanzzeit, von der zahlreiche Kirchenbauten zeugen, kam 1423 noch kurz unter venezianische Herrschaft, bevor es 1430 für knapp 500 Jahre an das Osmanische Reich fiel und fortan offiziell „Selanik“ hieß.
Bis heute finden sich in der Stadt zahlreiche Zeugnisse der römisch-byzantinischen Vergangenheit.
Osmanische Zeit und „Mutter Israels“
Für die Zusammensetzung der Bevölkerung von weitaus größerer Bedeutung als die osmanische Eroberung war der Zuzug von aus Spanien und Portugal vertriebenen sephardischen Juden ab Ende des 15. Jh.
Salonico, wie die ladinosprachigen Zuzügler ihre Stadt nannten, beherbergte bald die größte sephardische Gemeinde Europas mit einem äußerst vielfältigen jüdischen Leben, Juden stellten bis zum 1. Weltkrieg vor muslimischen Türken und christlichen Griechen die größte Bevölkerungsgruppe und trugen maßgeblich dazu bei, dass Selanik im 17. Jh. das wichtigste Handelszentrum auf dem Balkan war, unter Juden erhielt die Stadt den Beinamen „Mutter Israels“.
In jenem 17. Jh. fand die messianische Bewegung des aus Smyrna/Izmir stammenden Sabbatai Zwi auch in Thessaloniki zahlreiche Anhänger. Viele folgten ihrem Lehrmeister, als der gezwungenermaßen zum Islam übertreten musste. Diese vom Judentum konvertierten Muslime wurden Dönme oder Ma‘min genannt, es gibt sie in kleinen Gruppen noch heute.
Das spätere 19. Jh. sah einen starken wirtschaftlichen Aufschwung, die Verdoppelung der Einwohnerzahl auf 120.000, die Geburt von Mustafa Kemal, dem späteren Atatürk. Selanik galt als eine der liberalsten und progressivsten Städte im Osmanischen Reich. 1908 begann von hier aus die Jungtürkische Revolution, ein Jahr später wurde die Stadt zum Verbannungsort des abgesetzten Sultan Abdülhamid II.
Jahrhundert der großen Umwälzungen
Im 20. Jh. folgten weitere dramatische Umwälzungen, die das Bild der Stadt grundlegend veränderten:
Gleich zu Beginn des 1. Balkankriegs 1912 wird das überwiegend jüdische Thessaloniki von den Türken kampflos an griechische Truppen übergeben. 1917 zerstört ein Großfeuer weite Teile des südlichen Stadtzentrums, die alten jüdischen Viertel werden besonders in Mitleidenschaft gezogen, die anschließende Stadterneuerung lässt das heute noch anzutreff ende Bild entstehen.
In Folge des griechisch-türkischen Kriegs 1919–22 wird im Vertrag von Lausanne ein „Bevölkerungsaustausch“ festgeschrieben, der großes menschliches Leid mit sich bringt und die Bevölkerungszusammensetzung Thessalonikis massiv verändert. Über Hunderttausend griechische Flüchtlinge aus Kleinasien werden neu in Thessaloniki aufgenommen, Tausende Türken müssen ihre Heimatstadt verlassen, die Juden verlieren ihre Stellung als zahlenmäßig stärkste Gruppe. All das wird von erheblichen sozialen Spannungen begleitet. 1931 findet der erste Judenpogrom in der Stadtgeschichte statt. Die „offizielle“ Politik ist von starken Hellenisierungsbestrebungen geprägt und – gelinde gesagt – wenig judenfreundlich. In den 1930er Jahren verlassen 10.000 Juden die Stadt, viele gehen nach Palästina. Zu Beginn der deutschen Besatzung leben noch ca. 50.000 Juden in Thessaloniki, die ihre Gottesdienste in 40 Synagogen feiern. Die Besatzer führen rasch die üblichen Schikanen gegen die jüdische Bevölkerung ein. 1942 zerstören sie den alten großen jüdischen Friedhof (300.000–500.000 Gräber), auf dessen Gelände nach 1945 der Campus der Aristoteles-Universität errichtet wird. Im Frühling und Sommer 1943 werden fast alle Juden essalonikis nach Auschwitz deportiert und ermordet. Nur 2.000 überleben.
Auch nichtjüdische Griechen wurden zu Opfern der deutschen Besatzer. Am 2.9.1944 wurden in Chortiatis bei Thessaloniki 149 Dorfbewohner im Zuge einer „Vergeltungsaktion“ von Deutschen und griechischen Kollaborateuren ermordet.
Der Bürgerkrieg nach dem Kriege dauerte bis 1949 und forderte unter den nichtjüdischen Griechen mehr Opfer als der 2. Weltkrieg.
Danach folgten Wiederaufbau und wirtschaftlicher Aufschwung, Thessaloniki wurde zu einer wichtigen Messestadt, die demokratische Entwicklung 1967–74 durch die rechte Obristendiktatur zwischenzeitlich unterbrochen.
Seit 1981 ist Griechenland Vollmitglied der EU (damals noch EG), 1997 war Thessaloniki europäische Kulturhauptstadt, seit 2008 ist „die Krise“ das alles beherrschende Thema.
Über lange Nachkriegsjahrzehnte wurde die jüdisch-sephardische und die muslimisch-osmanische Geschichte der Stadt größtenteils beschwiegen, seit einigen Jahren ist aber eine Veränderung der Erinnerungskultur zu registrieren. Eine wichtige Rolle in diesem Zusammenhang spielte Jannis Boutaris, 2011–2019 Bürgermeister. Er sagte, „die Bürger Thessalonikis kennen die Geschichte ihrer Stadt nicht. Wenn man seine Stadt nicht kennt, kann man sie auch nicht lieben“ und setzte sich mit zahlreichen Projekten für ein Wiederaneignen der gesamten Stadtgeschichte ein.
PROGRAMM
Vorgesehenes Reiseprogramm
Tag | Programm |
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1. Tag |
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2. Tag | „Die Grundlagen“. Das antike und byzantinische Thessaloniki:
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3. Tag | Glanz und Elend
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4. Tag | Das osmanische und postosmanische Thessaloniki:
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5. Tag | "Mutter Jerusalems". Das jüdische Thessaloniki
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6. Tag | Naziokkupation und Kollaboration:
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7. Tag | Tagesexkursion nach Veria und Vergina:
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8. Tag | Thessalonikier Aspekte:
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9. Tag |
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PREISE & LEISTUNGEN
Preis 2024:
- Reisepreis: € 1.430,- (ab/bis Thessaloniki)
Im Preis enthalten sind:
- Vorbereitungsmaterialien
- 8 Übernachtungen im DZ (Bad/WC) im sympathischen Mittelklassehotel "Park" in bester Lage zwischen Oberstadt und Meer
- Halbpension (7 Tage)
- Komplette Programmkosten, Eintrittsgelder und Reiseleitung (EOL und griechische Reiseleitung)
Zusätzliche Kosten (fakultativ):
- Einzelzimmer: € 240,-
- Flugvermittlung: auf Anfrage (zzgl. Buchungsgebühr und Atmosfair-Klimakompensation)
REISEECHO
„Die Führungen durch Tassos Papadopulos waren exzellent. Der Besuch von Chortiatis und das Gespräch mit den Zeitzeugen des Massakers war sehr ergreifend."
Ernst Jarasch, Berlin, Oktober 2023
„Es war eine zutiefst anrührende Reise mit vielen Höhepunkten. Wir sind nachhaltig beeindruckt und würden die Reise jederzeit wiedermachen. Danke für Ihre großartige Begleitung."
Kara & Wolfgang Huber, Berlin, April 2023
„Regina Charalambidou und Thessaloniki Walking Tours haben die Stadt und ihre Geschichte vor unseren Augen entstehen lassen. Überaus eindrücklich wie uns Historie und Gegenwart nahegebracht wurden."
Christiane Begerau, Berlin, April 2023
„Unter den Steinen der Stadt liegen Schätze, aber auch Brüche, die sich dank der EOL-Reiseleiter*innen erschließen."
Frank Hillmann, Berlin, April 2023
„Die perfekt organisierte Woche in Thessaloniki hat mir die unglaubliche Vielfalt dieser Stadt sehr abwechslungsreich nahegebracht. Die Geschichte Griechenlands und des Balkans wurde durch die Stadtspaziergänge sehr lebendig und einprägsam.“
Christiane Derrer, Zürich, September 2022
„Mit Regina hatten wir die bestmögliche Reiseleiterin, auch Tassos hat voll überzeugt. Das Programm ist so angelegt, dass das Palimpsest Thessaloniki sich nach und nach in allen Schichten erschliesst. Es ist reichhaltig, berücksichtigt unterschiedliche Interessen.“
Dorothee und Herbert Kohler, Zürich, September 2021
„Alle Führungen waren exzellent, besonders beeindruckt hat mich die Detailkenntnis aller Referenten und Reiseleiter.“
Brigitte Degelmann, Frankfurt a.M., April 2019
„Mein bislang bester/schönster Bildungsurlaub. Viele neue Informationen, obwohl ich Griechenland gut kenne.“
Reiseteilnehmer aus Rheinland-Pfalz, September 2018
„Die Reise ist sehr gut organisiert und bietet ein vielfältiges und abwechslungsreiches Programm. Die beiden Reiseleiterinnen sind hervorragend.“
Reiseteilnehmerin aus Fürth, September 2017
„Ich habe schon manche Studienreisen mit anderen Organisationen gemacht: von niemandem wurde ich so vielseitig und reichlich dokumentiert! Herzlichen Dank.“
Reiseteilnehmer aus Aarau/Schweiz, April 2016
„Insgesamt vielfältig, die einzelnen Referenten/Führungen sehr überzeugend.“
Hermine Hiergeist, Bonn, April 2016
„Sehr intensive Auseinandersetzung mit Land und Leuten, insgesamt sehr gelungen! Es war eine wunderbare Reise, die uns gedanklich weiter beschäftigt - vielen Dank!“
Reiseteilnehmerin aus Rheinland-Pfalz, April 2015
REISEKOMBINATIONEN
Kombinierbar mit:
Nordmazedonien-Thessaloniki (26.4.-11.5.2025)
Reisenummern: 4+6
Gesamtreisedatum: 26.04.-11.05.2025
Gruppenwechsel: Der Gruppenwechsel fndet am 3.5. in Thessaloniki statt.
Zur Reisebeschreibung von Nordmazedonien
Weitere Infos
Nordbulgarien-Thessaloniki (10.10.-26.10.2025)
Reisenummern: 49+51
Gesamtreisedatum: 10.10.-26.10.2025
Gruppenwechsel: Der Gruppenwechsel findet am 18.10. in Thessaloniki statt.
Zur Reisebeschreibung von Nordbulgarien
Weitere Infos
HINWEISE
Einreiseinformationen
- Deutsche Staatsangehörige: Sie benötigen einen gültigen Personalausweis oder Reisepass, der mindestens über das Ende der Reise hinaus noch gültig ist
- Staatsangehörige anderer Staaten: Wir informieren Sie gerne über die Einreisebestimmungen
- Bitte beachten Sie unsere organisatorischen Hinweise
- Bitte beachten Sie auch die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts
Literaturempfehlungen und Links
- Hier finden Sie einige Literaturtipps und Links zu dieser Reise
- Eine ausführliche Literaturliste erhalten Sie zusammen mit der Buchungsbestätigung