Podolien-Wolhynien: Kosakisch-Chassidisch-Adlig
Eine Reise durch die ländliche Ukraine
ÜBERBLICK
Ternopil/Tarnopol - Sbarasch - Kremenez - Medschybisch - Scharhorod - Mohyliw-Podilskyj - Tultschyn - Brazlaw - Uman - Schytomyr - Berdytschiw - Kyjiw
„Besonders gut: Die endlose Weite, der mal abrupte, mal schleichende Übergang von Mittel- nach Osteuropa, hier nicht erwartete Kleinode wie Kremenez, Scharhorod, Uman, Petschora und das eindrucksvolle Jüdische Museum in Berdytschiw.“
Klaus Bayer, Berlin, Juni 2019“
Eine Reise zu den Geburtsstätten des Chassidismus und zu Schauplätzen kosakisch-ukrainischer und polnischer Geschichte. Das jüdische Schtetlleben, das Verhältnis zwischen polnischen Adligen und aufständischen Kosaken, das Verhungernlassen von Millionen ukrainischer Bauern in den 1930ern die Zerstörung des jüdischen Lebens durch die Nazis, die Lage der ländlichen Ukraine im seit 1991 unabhängigen Staat sind Themen dieser besonderen Reise.
REISE
Eine Reise durch die ländliche Ukraine
Wolhynien und Podolien sind die östlichen Nachbarregionen Galiziens und der Bukowina, für Ukrainer, Polen und Juden Gebiete von großer historischer Bedeutung. Jedes der drei Völker hat seinen eigenen spezifischen Blick auf die Vergangenheit. Die jeweils Anderen werden dabei, wenn überhaupt, überwiegend als Gegner wahrgenommen, das Leid und die Handlungsmotivationen der Gegenseite(n) weitgehend ausgeblendet.
Bis ins frühe 14. Jh. gehörte das Gebiet zur Kyjiwer Rus', der gemeinsamen "Vorläuferin" der ostslawischen Staaten. Sein Ende fand dieses einstmals mächtige Staatengebilde durch die "mongolisch-tatarischen Horden". Als Herrschaftsträger wurden die "Tataro-Mongolen" in Wolhynien und Podolien bald durch das Polnisch-Litauische Königreich abgelöst, das, unterbrochen von einem türkischen Zwischenspiel in Podolien im 17. Jh., bis zu den Teilungen Polens Ende des 18. Jh. bestimmend blieb. Abgesehen von Ternopil, das zum österreichischen Galizien kam, geriet das von uns bereiste Gebiet dann bis zum 1. Weltkrieg unter die Herrschaft des zaristischen Russland. Galizien sowie die westlichen Teile Wolhyniens und Podoliens wurden 1918 Bestandteile des wieder erstandenen polnischen Staates, die größeren östlichen Landesteile fanden sich in der Sowjetunion wieder. Nach der zweijährigen sowjetischen Besatzung Ostpolens tobte ab 1941 der deutsche Vernichtungskrieg durch die Region. Ein Teil Podoliens wurde bis zur Wiedereroberung durch die Rote Armee Bestandteil "Transnistriens" (Gebiet zwischen den Flüssen Dnister/Dnjestr und Südlicher Bug), das Hitler Rumänien als Belohnung für die Kriegsteilnahme zugesprochen hatte. Seit 1945 gehörten Wolhynien und Podolien in Gänze sowie der östliche Teil Galiziens zur Sowjetukraine, die sich 1991 zum unabhängigen Staat erklärt hat.
Die polnische Perspektive: Alter Glanz der verlorenen Ostgebiete
Für viele Polen gehören Wolhynien und Podolien zu einer glanzvollen Vergangenheit, in der das Polnisch-Litauische Königreich der größte Flächenstaat Europas war. An der Jahrhunderte währenden Beherrschung der Gebiete waren die bedeutendsten polnischen Adelsfamilien beteiligt. Davon zeugen an zahlreichen Orten die Überreste einst prachtvoller Schlösser und Burgen, u.a. in Sbarasch, Ternopil (poln. Tarnopol), Kremenez (Krzemieniec) und Medschybisch (Międzybóż).
Die Ukrainer wurden von den meisten Polen als kulturloses Bauernvolk angesehen, die ukrainischen Kosaken waren zur Sicherung der nach Osten offenen Grenzen nützlich. Im Zentrum der polnischen Erinnerung an den ukrainischen Aufstand unter Anführung Bohdan Chmelnyckyjs 1648 steht die Brutalität der Aufständischen und die "heldenhafte" Verteidigung diverser Stellungen wie bspw. der Festung Sbarasch. Letztere wurde vom polnischen Literaturnobelpreisträger Henryk-Quo-Vadis-Sienkiewicz in seinem Epos "Mit Feuer und Schwert" ausführlich beschrieben. Die Politik des polnischen Zwischenkriegsstaates gegenüber seinen beiden größten Minderheiten, der ukrainischen und jüdischen, war alles andere als freundlich, auch wenn sich deren Lage weit weniger katastrophal darstellte als in den sowjetisch gewordenen Teilen Wolhyniens und Podoliens. Der Hass auf die herablassende Behandlung entlud sich 1943 in Massakern ukrainischer Untergrundkämpfer an der polnischen Zivilbevölkerung in Wolhynien. Sie wurden von polnischer Seite ebenso brutal vergolten.
Die ukrainische Perspektive: Fremdherrschaft und Hungerkatastrophe
Ukrainer sehen dieselbe Geschichte sehr anders. Der Aufstand von 1648 war demnach die legitime Gegenwehr gegen die national repressive und sozial ungerechte Politik der polnischen "Herren" und stellte den Versuch der (Wieder-)Errichtung eines selbstständigen ukrainischen Staates dar. Fast vollständig ausgeblendet bleibt dabei, dass dem Aufstand auch sehr viele Juden zum Opfer fielen. Sie waren aufgrund ihrer spezifischen Position in der Adelsrepublik als Verwalter, Pächter und Steuereinzieher der polnischen Magnaten die greifbarsten Repräsentanten des unterdrückerischen Regimes. Nach den Teilungen Polens litten die Ukrainer im zaristisch-russisch gewordenen Wolhynien und Podolien unter der Russifizierungspolitik und dem Verbot alles Ukrainischen. Die größte Katastrophe der ukrainischen Geschichte spielte sich in den Jahren 1932/33 in Gestalt der politisch von Stalin gesteuerten Hungersnot ab, der mehrere Millionen Ukrainer zum Opfer fielen. Das ukrainisch-jüdische Verhältnis ist stark verbesserungsfähig. Viele Ukrainer sehen in "den Juden" lediglich Kollaborateure des polnischen Adels und der Sowjetmacht. Kaum wahrgenommen wird das jüdische Leid im zaristischen Russland, Zwischenkriegspolen und auch unter der Sowjetmacht.
Die jüdische Perspektive: Chassidismus, Pogrome, Holocaust
In einigen Städten des von uns bereisten Gebiets stellten Juden über lange Zeit die stärkste Bevölkerungsgruppe, bspw. in Ternopil, Kremenez, Medschybisch (1930er: 65%), Scharhorod, Mohyliw-Podilskyj (1917: 60%) oder Berdytschiw (1917: 80%). Viele Juden sehen in den Massakern im Zuge des Chmelnyckyj-Aufstands die größte jüdische Katastrophe vor der Shoah. In Folge der weit verbreiteten Depression und der Unfähigkeit der in Hierarchien erstarrten jüdischen Orthodoxie befriedigende Antworten zu geben, entstand im 18. Jh. eine religiöse Erneuerungsbewegung: der Chassidismus. "Gründervater" war Israel ben Elieser, genannt Baal Schem Tow. Er wirkte und starb in Medschybisch. Der Chassidismus verbreitete sich rasch in weiten Teilen Osteuropas. Dazu trugen neben vielen anderen Rabbi Nachman von Brazlaw und Levi Isaac von Berdytschiw bei. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jh. fanden die Haskala (jüdische Aufklärung), der Zionismus und die revolutionäre politische Bewegung zunehmend Anhänger unter den Juden der Ukraine. Viele Juden, aber auch Ukrainer und Polen, emigrierten aus den schwierigen Lebensbedingungen in die USA.
Auf die Drangsalierungen und Deportationen durch die Sowjetmacht, denen auch Ukrainer und Polen zum Opfer fielen, folgten allerorten die Deportationen und Massenerschießungen durch die Deutschen. Im rumänischen Besatzungsgebiet Transnistrien (Mohyliw, Scharhorod, Tultschyn) fielen viele Juden Krankheiten und Hunger zum Opfer.
Auch das jüdisch-ukrainische Verhältnis ist stark verbesserungsfähig. Viele Juden sehen in "den Ukrainern" lediglich Antisemiten und Kollaborateure der deutschen Besatzer. Kaum wahrgenommen wird das ukrainische Leid unter der zaristischen, polnischen und sowjetischen Herrschaft und die Tatsache, dass auch Ukrainer gegen die Nazis gekämpft haben.
Unsere Reise unternimmt den Versuch, die verschiedenen Perspektiven zu einem Gesamtbild zusammen zu fügen. Dabei bewegen wir uns durch malerische Landschaften eines überwiegend landwirtschaftlich geprägten Raumes.
PROGRAMM
Reiseprogramm bis 2021
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REISEECHO
„Besonders gute Programmpunkte: Die endlose Weite, der mal aprupte, mal schleichende Übergang von Mittel- nach Osteuropa, hier nicht erwartete Kleinode wie Kremenez, Scharhorod (jüdisches Schtetl), Uman (Grab Rabbi Nachman und Sophienpark), Petschora (idyllische Landschaft im Gegensatz zur Historie) und das eindrucksvolle Jüdische Museum in Berdytschew.“
Klaus Bayer, Berlin, Juni 2019
„Eine anspruchsvolle Reise, die Einblicke in die Geschichte und den Alltag von Regionen Europas bietet, die wohl nur wenigen als interessante Ziele bekannt sein dürften. Ein Versuch, das unbekannte Europa umfassend näher zu bringen - durchaus gelungen!“
Wolfgang Hatvan, Juli 2018
„Die Reise war eine erhebliche Horizonterweiterung (nach Osten) und eine bedeutsame Vertiefung der Geschichtskenntnisse. Vielen Dank!“
Antje Schwalbe-Kleinhuis, Wien, Juli 2018
„Herzlichen Dank für die wunderbare Reise mit der ganz besonderen Reiseleitung von Roberta und Maria. Nicht nur, dass alles rundum so gut organisiert war, vor allem das lebendige und achtsame Zusammenspiel beider Frauen war beeindruckend.“
Sabine Förster, Hamburg, September 2017
„Programm und Führung durch Inna Fridkin in Scharhorod hat uns sehr berührt.“
Reiseteilnehmer aus der Schweiz, Oktober 2015
„Alle Programmpunkte waren gleichwertig (sehr gut). Besonders beeindruckt hat mich das Treffen mit Leonid Brechman in Mohyliw-Podilskyj. Der Ausflug mit Roberta Wirminghaus am 9.6.14 nach Moldawien und zurück war besonders spannend. Ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten, die diese Reise ermgölichten.“
Haile Noé, Berlin, Juni 2014
„Vor langer Zeit wurde durch Martin Bubers "Erzählungen der Chassidim" mein Interesse für den Chassidismus und das Schicksal der Juden in den östlichen Ländern geweckt, und bei der ersten Durchsicht des EOL-Programms Anfang 2014 stand mein Wunsch fest, mich an dieser Reise zu beteiligen, und ich bin sehr froh, dass sie trotz aller Schwierigkeiten durchgeführt werden konnte. Es war ein unvergessliches Erlebnis. Mein herzlicher Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben.“
Ilse Petri, Bielefeld, Juni 2014
„Ihnen noch einmal herzlichen Dank insbesondere dafür, dass und wie Sie eine vergangene Welt durch Ihre Ziel- und Textauswahl entstehen ließen und sich dabei im Gegenwärtigen respektvoll und heiter bewegten - mit freundlicher Konsequenz und auf Öffnung und einfühlsamen Respekt und Mehrperspektivität bedacht“
Marion Hoßfeld, Leipzig, September/Oktober 2013
„Besonders gute Programmpunkte: Führung in Ternopil, Mohyliv Podilskyj, Leonid Brechman, Petschora.“
Margarete Ridderbusch, August 2011
„Deutsche Reiseleitung: Sehr einfühlsame Erläuterung der überaus komplexen historisch-politischen Situation. Lokale Reiseleitung: Im Bus: wunderbare rollende Volkshochschule.“
Klaus Gerz, Juli 2010
„Gut organisiert; flexible Handhabung; Themenvielfalt; Kompetenz; übersichtliche Gruppenzahl; Freundlichkeit; Hilfsbereitschaft bei Wünschen; Schwerpunktsetzung der zu besuchenden Orte aufgrund guter Landeskenntnisse sehr gut getroffen; Betreuung ausgezeichnet.“
Karl Daigeler, August 2009
„Ich möchte Ihnen und Sofija noch einmal sehr herzlich danken für diese grandiose Reise durch jene gegenwärtige Welt der Ukraine und jene andere, versunkene, und für Ihre Weise, sie uns zu erschließen. Das war für mich tief bewegend und manchmal geradezu atemberaubend - und gehört nun zu den Kostbarkeiten im "Archiv" meiner Erfahrungen und Erinnerungen. Großartig! Vielen Dank!“
Gerhard Krahn, August 2007
„Die gesamte Reise war für mich sehr interessant und hautnah. Das Konzept informiert ausführlich über die wechselvolle Vergangenheit und ermöglicht mir dadurch die Gegenwart (Menschen, Politik, Wirtschaft) besser zu verstehen. Herr und Frau Reck sind ausgezeichnete Reiseleiter. Ich werde EOL weiterempfehlen.“
Monika Skowranek, August 2007
„Deutsche und lokale Reiseleitung: gute Organisation, immer ansprechbereit, ausgefüllter Tagesablauf, sehr interessante und heitere Literaturbeiträge.“
Rudolf Wegener, August 2007
„Höchst originelles Reiseprogramm. Die Wiederentdeckung eines vergessenen Landstrichs Europas, detailgenau, vielfarbig und voller starker Eindrücke. ... Als Reiseangebot vermutlich konkurrenzlos.“
Hans-Georg Büttner, Juli 2006
„Die Reise führte zu Orten, die nicht unbedingt in jedem Reiseführer stehen, jedoch geschichtlich und religiös bedeutend, landschaftlich reizvoll und vielfach im Westen unbekannt sind. Die Weite des Landes wurde buchstäblich 'erfahren'. Die Vergangenheit und ukrainische Gegenwart wurde ansatzweise sichtbar.“
Christoph Maroscheck, Juli 2006