Ostgalizien - Transkarpatien
Historische Landschaften beidseits der Karpaten
ÜBERBLICK
Drohobytsch – Truskawez – Boryslaw – Iwano-Frankiwsk (Stanislau) – Karpaten – Mukatschewo – Uschhorod
Mit Zwischenaufenthalt in Kaschau
„Ein eindrücklicher Einblick in die komplizierte historische und aktuelle Situation in der Ukraine, vermittelt durch ausgezeichnete Spezialisten.“
Christiane Derrer, Zürich, August/September 2019
Themen unserer Reise in die Vielvölkerregionen Ostgalizien und Transkarpatien, zwischen denen die reizvolle Karpatenlandschaft eine natürliche Grenze bildet:
- Der polnisch-jüdische Schriftsteller und Zeichner Bruno Schulz, der ukrainische Schriftsteller Iwan Franko, Salzkönige, Ölbarone und Berthold Beitz in Drohobytsch und Boryslaw
- Das österreichische Stanislau, junge ukrainische Kunst und neue Initiativen in Iwano-Frankiwsk
- Das Volk der Huzulen und wunderbare Landschaften in den Karpaten
- Ungarische und tschechoslowakische Geschichte im Vielvölkergebiet Transkarpatien
- Geschichte und Gegenwart der Juden, Weinanbau und -probe in Mukatschewo
- Die Situation der Minderheiten und die politische Lage im unabhängigen ukrainischen Staat
- Treffen und Gespräche mit Bürgerinitiativen, einem privaten Weinbauern, Roma, Juden, einem Schriftsteller und Journalisten
REISE
Historische Landschaften beidseits der Karpaten
Die Karpaten bildeten in der Geschichte lange Zeit eine natürliche und politische Grenze. Bis zur ersten Teilung Polens (1772) und dann wieder zwischen 1918 und 1939 gehörte Ostgalizien zum polnischen Staat, Transkarpatien über Jahrhunderte zu Ungarn und in der Zwischenkriegszeit zur Tschechoslowakei. 1772–1918 hingegen waren beide Regionen Bestandteil Österreich-Ungarns, nach dem 2. Weltkrieg gehörten sie zur Sowjet-, seit 1991 zur unabhängigen Ukraine.
Drohobytsch
Das im 11 Jh. gegründete Drohobytsch entwickelte sich ab dem 14. Jh. zu einem Zentrum der Salzgewinnung. Der Beginn der Erdölförderung im benachbarten Boryslaw ab 1860 löste eine Goldgräberstimmung und starken Zuzug aus. Das boomende Gebiet fand international Beachtung. Josef Roth, Ivan Franko, Alfred Döblin berichteten aus dem „galizischen Pennsylvanien“. Die extrem schweren Lebensbedingungen im „Naftarevier“, in dem Investoren aus Deutschland, England, Frankreich und Belgien tätig waren, „verhalfen“ Boryslaw, dessen Einwohner zu 60% Juden waren, zum Beinamen „Galizische Hölle“. Drohobytsch hatte zu Beginn des 20. Jahrhunderts 35.000 Einwohner, davon 40% Juden, 35% Polen und 20% Ukrainer, die hauptsächlich vom Handel und der Erdöl verarbeitenden Industrie lebten. Nach zweijähriger sowjetischer Besatzung marschierten 1941 die Deutschen ein, ermordeten mit ukrainischer Beteiligung die Juden an Ort und Stelle oder deportierten sie ins Vernichtungslager Bełżec.
Der 1892 in Drohobytsch geborene Schriftsteller und Zeichner Bruno Schulz, der „galizische Kafka“, der mit seinen „Zimtläden“ in die Weltliteratur eingegangen ist, wurde am 19.11.1942 im Drohobytscher Ghetto erschossen. Beim abermaligen Einmarsch der Roten Armee im August 1944 waren noch 400 Juden am Leben. Die polnische Bevölkerung wurde nach Kriegsende westwärts „ausgesiedelt“, Drohobytsch Teil der Sowjetukraine. Für die ukrainische Kultur ist der Schriftsteller Ivan Franko von großer Bedeutung, der im 19. Jh. das Drohobytscher Gymnasium besuchte. Die Ölindustrie spielt heute nur noch eine untergeordnete Rolle.
Iwano-Frankiwsk (Stanislau)
Das heute 250.000 Einwohner zählende Iwano-Frankiwsk wurde 1662 von der polnischen Adelsfamilie Potocki gegründet und trug bis 1962 den Namen Stanyslawiw. Zu den „Ureinwohnern“ gehörten Juden und Armenier, die dazu beitrugen, dass die Stadt bald eine wichtige Rolle als Handelsplatz spielte. Unter der österreichischen Herrschaft (1772–1918) nahm Stanislau weiteren Aufschwung, avancierte zur „drittwichtigsten Stadt Galiziens“ (nach Lemberg und Krakau). Aus jener Zeit stammen viele das Zentrum Iwano-Frankiwsks heute noch prägende Bauwerke. Nach dem 1. Weltkrieg war die Stadt für kurze Zeit Regierungssitz der „Westukrainischen Volksrepublik“, dann gehörte sie bis 1939 wieder zu Polen. Von den damals 65.000 Einwohnern Stanisławóws waren 40% Juden, 37% Polen, 19% Ukrainer und 3% Deutsche.
Nach Abzug der Roten Armee, die 1939 in Folge des Hitler-Stalin-Pakts einmarschiert war, kamen im Juli 1941 für einen Monat die mit den Deutschen verbündeten Ungarn in die Stadt. Während dieser kurzen Zeit wuchs die jüdische Bevölkerung Stanislaus durch Massenabschiebungen aus Transkarpatien auf 40.000 an. Das Schicksal der Juden unter deutscher Besatzung gestaltete sich ähnlich wie in Drohobytsch. Bei der größten so genannten „Aktion“ am 12.10.41 ermordeten SS, deutsche und ukrainische Polizei 10.000 Juden am Neuen Friedhof. Der Krieg und die folgenden sowjetischen „Maßnahmen“ führten dazu, dass die Bevölkerungsverteilung 20 Jahre nach 1939 folgendermaßen aussah: 67% Ukrainer und 25% Russen. Heute ist Iwano-Frankiwsk in der Ukraine aufgrund seiner lebendigen jungen Kulturszene bekannt, manche sprechen von einem „Stanislauer Phänomen“ in der ukrainischen Literatur, der bedeutende Romancier und Essayist Juri Andruchowytsch stammt von hier.
Uschhorod und Mukatschewo
Die alten Städte Ungvár und Munkács, so die ungarischen Bezeichnungen, gehörten, wie das gesamte transkarpatische Gebiet, über 1000 Jahre zum ungarischen Herrschaftsbereich. Die Region war von alters her multiethnisch und -religiös geprägt. Davon zeugen in Uschhorod noch heute römisch-katholische, unierte, orthodoxe, reformierte und protestantische Gotteshäuser sowie eine Synagoge. In den 1920ern waren von den 500.000 Einwohnern Transkarpatiens 60% Ukrainer (darunter auch Huzulen und Lemken), 16% Ungarn, 13% Juden, 4% Slowaken und Tschechen, 2% Rumänen und 2% Deutsche. In Mukatschewo, einem der größten Zentren der jüdischen Orthodoxie und des Chassidismus in Ungarn, lag der jüdische Bevölkerungsanteil bei über 40%. Am Fuße des unweit auf einem Vulkankegel errichteten Schlosses Palanok (wichtig für den ungarischen Freiheitskampf im Völkerfrühling) gibt es heute noch Siedlungen, die auf die deutsche Einwanderung seit dem 12. Jh. zurückgehen.
Nach 1918 wurde Transkarpatien der Tschechoslowakei zugeschlagen, im November 1938 kam es wieder zu Ungarn. Die Juden litten ab diesem Zeitpunkt unter der antisemitischen ungarischen Gesetzgebung, dennoch war ihre Lage hier immer noch besser als andernorts in Europa, was zu einem Zustrom jüdischer Bevölkerung aus der Slowakei und dem besetzten Polen führte. Nur in Transkarpatien gab es im von Deutschland beherrschten Europa bis 1944 offizielle Schulen, in denen auf Hebräisch unterrichtet wurde. Auch die Zionisten waren hier äußerst aktiv. Eine Ausnahme bildete im Sommer 1941 die Abschiebung von 18.000 Juden nach Galizien, wo sie fast ausnahmslos von der SS ermordet wurden. Nach der deutschen Besetzung Ungarns im März 1944 kam es zu Solidaritätsaktionen der ukrainischen unierten Kirche mit den Juden, die jedoch nicht verhindern konnten, dass die meisten den von der ungarischen Polizei durchgeführten Deportationen nach Auschwitz zum Opfer fielen.
Anders als in Ostgalizien ist die Vielvölkergesellschaft im überwiegend landwirtschaftlich geprägten - Weinbau spielt eine wichtige Rolle - Transkarpatien, das nun zur Ukraine gehört, nicht gänzlich verschwunden. Die offizielle Statistik gibt folgende Bevölkerungsgruppen an: 78% Ukrainer, 12% Ungarn, 4% Russen, 2% Rumänen und kleinere Gruppen von Roma, Juden, Slowaken, Deutschen.
PROGRAMM
Reiseprogramm bis 2021
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REISEECHO
„Für mich war diese Reise ein eindrücklicher Einblick in die komplizierte historische und aktuelle Situation in der Ukraine, vermittelt durch ausgezeichnete Spezialisten, die es verstanden, sachlich und gut verständlich zu informieren, gewürzt mit persönlichen und humorvollen Kommentaren.“
Christiane Derrer, Zürich, August 2019
„Besonders gute Programmpunkte: Revitalisierungsprojekt Promprylad, Besuch der Roma-Schule, Gespräch mit Olexandr Hawrosch.“
Reiseteilnehmer aus St. Augustin, Mai 2018
„Eine sehr gelungene Reise durch einen nahezu unbekannten Teil Mitteleuropas, die erkennen ließ, wie nahe sich diese Westukraine an 'Kerneuropa' befindet.“
W. Hatvan, Wien, August 2015
„Besonders gute Programmpunkte: Prof. Alfred Schreyer, Halyna Petrosanjak, Romani Yag. Ausgewogenes Verhältnis zwischen Programm und Zeit zur freien Verfügung.“
H. Irle, Berlin, April/Mai 2014
„Deutsche und lokale Reiseleitung: Beide Note 1+. Besonders gute Programmpunkte: Drohobytsch, Boryslaw, Mukatschewo, Stanislau, Uschhorod.“
Reisende aus Leipzig, Oktober 2012
„Geschätzt habe ich besonders die Vorlesung der Literaturfragmente im Bus und die ganze Bibliothek. Sehr zu schätzen war die Einführung bei Herrn Schreyer und auch die weiteren Begegnungen mit der Dichterin Halina, der Direktorin der Zigeunerschule usw.“
Annemarie Schaerlaekens, Oktober 2012
„Besonders gute Programmpunkte: Besuch bei Herrn Schreyer in Drohobytsch, Rundgang durch Iwano-Frankiwsk, Besuch der Romasiedlung in Uschhorod.“
Reisender aus Berlin, August 2011
„Eine sehr gelungene Kombination von kultureller, historischer und aktueller Information“
(Prof. Dr. Werner Brill, August 2010)
„Auf dieser Reise habe ich ganz unerwartete positive Eindrücke über die Westukraine gewonnen. Ich habe mein Bild revidiert und viele Vorurteile abgebaut. Dafür vielen Dank!“
(Eva Cremer, Juli 2009)
„Auch dieses Jahr war die Reise mit EOL wieder interessant und spannend. Vielfältige und bunte Informationen und Begegnungen über die Geschichte und Gegenwart der Viel-Völker-Region und das dortige Zusammenleben machten die Tage rund.“
(Monika Skowranek, August 2008)
„Eine Reise, die unseren Erwartungen voll gerecht wurde. Besonders gut gefallen hat uns der Abend mit der huzulischen Schriftstellerin Halyna Petrosanjak in Ivano-Frankivsk und der Vortrag des Herrn Zoltan Kranjak und des Herrn Iwan Koldij in Ushgorod; und natürlich besonders das Zusammentreffen mit Herrn Prof. Alfred Schreyer und die Führung durch Mira Maksymenko in Mukacevo.“
(Reiseteilnehmer aus München, Juli 2007)
„Vorteil der Reise: auch in der Reisegruppe genügend Zeit für individuelle Erkundungen.“
(Ekkehard Lange, Juli 2007)
„Die Kombination von motivierten und kompetenten Führern/Referenten mit Zeitzeugen ist vorbildlich; das Programm in Hinblick auf den begrenzten Zeitrahmen kaum noch zu verbessern.“
(Reiseteilnehmer aus Ottenstein, Juni 2007)
„Besonders gute Programmpunkte: Auswahl der Etappen, Busfahrten, Lesungen. Die Hilfe beim Besuch von Kolomea war sehr gut, vielen Dank.“
(Reiseteilnehmerin aus Frankreich, August 2006)
„Lieber Herr Reck, ich möchte Ihnen für diese Reise und Ihre Weise, uns dabei zu begleiten und zu betreuen, noch einmal sehr herzlich danken. Es war für mich eine Reise mit sehr bewegenden, schönen Momenten und zum Teil überraschenden neuen Einsichten - eine Gesamterfahrung, die mich erfüllt und dankbar macht.“
(Pastor Gerhard Krahn, August 2005)
„Sehr schön: die literarischen Kostproben, mit denen die Reise begleitet wurde.“
(Reiseteilnehmerin aus Bayern, August 2005)
„Die komplizierte Geschichte wurde verständlich gemacht. Stadtführung in Drohobytsch sehr gut. Lesung von Halina Petrosanjak gut. Die Lesungen waren sehr interessant, z.B. Erdölgebiet; Der Held als Vegetarier;im Schloss von Uschhorod.“
(Reiseteilnehmer aus Berlin, Juli/August 2005)